Die Vampire von Nova Leseprobe

Kapitel 1 – Sperrstunde

Es war Mitternacht, der seichte Wind trug den Hall des stündlichen Glockenschlags in die Kolonie. Das Zirpen der Grillen trat für einen kurzen Augenblick in den Hintergrund. Die Melancholie der Nacht ummantelte mein Herz und ich spürte, wie er sich im Bett neben mir wälzte. Er atmete einmal laut aus und sank dann wieder in ein friedliches, aber beständiges Schnarchen. Ich hielt es keine Sekunde länger bei ihm aus. Bevor die Glockenschläge verstummten, hatte ich mich aus dem Schlafzimmer geschlichen und tappte auf den Balkon. Es war Sperrstunde. Im Sommer begann sie um 20 Uhr, in den Wintermonaten sogar um 19 Uhr. Streng genommen war es verboten, sich draußen aufzuhalten, selbst auf den Vorbauten. Ich verbarg mich hinter einem Sichtschutz aus Efeu, das an der breiten Balustrade emporrankte und spähte vorsichtig auf den Platz des Eroberers hinunter. Die weißen Steine glänzten im Lichtschein der Laternen, selbst aus der schwindelerregenden Höhe im sechsundzwanzigsten Stock des Gebäudes war es zu erkennen. In der Mitte des großen Marktplatzes prangte die marmorne Statue des Herrschers der Neuen Welt. Benedict, König der Vampire und Menschen, den jegliche Rassen gleichermaßen verehrten. Wie so oft betrachtete ich seinen in Stein gemeißelten Blick. Seine Augen hatten etwas beruhigendes, fast schon hypnotisches. Unser Monarch war mir so nahe, wie kaum ein anderer. Von Kind an hatte ich alles über ihn erfahren. Zunächst durch die liebevollen Erzählungen meiner Mutter, später durch die Lehrer im Kindergarten und in der Schule. So wie ich war jedes Mitglied unserer Kolonie in der Lage, seine persönlichen Eckdaten und die Geschichte der Eroberung im Schlaf runter zu rattern. In wenigen Tagen würde die jährliche Zeremonie seiner 73-jährigen Regentschaft stattfinden. Die Vorbereitungen hierzu waren in vollem Gange. Gestern war ich den ganzen Tag dazu eingeteilt den weitläufigen Platz mit Lampions und Lichterketten zu schmücken. Das Lichter-Team bestand aus insgesamt fünf Personen. Meine kleine Schwester Emily war auch dabei. Noch erschien sie mir so unbeschwert und kindlich. Kaum vorstellbar, dass ihr vierzehnter Geburtstag bevorstand. Der Tag, an dem ihr ein Partner zugewiesen werden würde. Das war das Einzige, was mich davon ablenkte, dass mein eigener Jahrestag ebenfalls bald vor der Tür stand. Der Tag, an dem ich aussortiert würde.

Ich schluckte den dicken Klos im Hals herunter und riss mich von König Benedicts gütigen Antlitz los. Lautlos flanierte ein Aufseher an den marmornen Stiefeln der royalen Statue vorbei. Er war ein Vampir, denn ihre Schritte hörte man nie. Sie bewegten sich so anmutig, dass sie selten Laute verursachten. Zudem waren alle Obrigkeiten Vampire. Sie wachten über die Menschen. Zu unserer eigenen Sicherheit. Die Allgemeinheit neigte dazu, sich gegenseitig zu vernichten. Der freie Wille war uns seit geraumer Zeit abgesprochen worden. Damals, als die Vampire das Königreich in der Neuen Welt erschufen. Das war lange bevor ich oder meine Eltern geboren waren. An das alte, kaputte Dasein, welches seinerzeit zum großen Teil durch einen Komet zerstört worden war, hatte außer den Herrschern niemand mehr Erinnerungen. Unsere Geschichte war mir und allen anderen in der Kolonie nur aus dem Lehrunterricht bekannt.

Die Augen des Aufsehers glitten den gläsernen Turm empor, indem die winzige Wohneinheit meines Partners Mark und mir lag. Ich schob mich etwas dichter hinter das blickdichte Grün und hielt den Atem an. Fünf Sekunden. So lange dauerte es, bis eine Wache sich vom ordnungsgemäßen Zustand der Unterkünfte und der damit verbundenen Einhaltung der Sperrstunde vergewissert hatte. Ich zählte im Geiste 21, 22, 23, 24, 25… und atmete wieder ein. Vorsichtig spähte ich am Blätterwerk vorbei hinunter. Der Wächter schlenderte weiter, bewegte sich auf den nächsten Turm zu. Insgesamt sechs zylinderförmige gläserne Türme umsäumten den Platz des Eroberers. Die 30-stöckigen Gebäude waren jeweils durch ebenfalls transparente Gänge in den unteren, mittleren und oberen Stockwerken miteinander verbunden. Ein riesiger, emsiger Bienenstock für Menschen und ihre Hüter. Nur selten war es notwendig, die Behausungen zu verlassen. Der Nachtwächter verschwand im Hauptturm. Dieser beherbergte die Aufseher und Anführer unserer Kolonie. Es würde fünf Minuten dauern, bis die nächste Wache zur Inspektion auftauchte. Ich beugte mich unbekümmert über die Brüstung des schmalen Balkons und sog den Duft der Nacht ein. Das Zirpen der Grillen setzte wieder ein. Unwillkürlich kam mir die saftig grüne Lichtung in den Sinn, die sich hinter dem Hauptturm erstreckte. Dort grasten Kühe. Wenn der Wind richtig stand, waren sie manchmal zu hören. Ich wünschte, von meiner Wohneinheit diesen Ausblick auf die Wälder und Wiesen zu haben. Doch die Apartments mit der nennenswerteren Aussicht in die Außenwelt waren den kinderreichen Familien vergönnt. Familien mit Level Vier und Level Fünf genossen das höchste Ansehen und somit auch gewisse Privilegien, wie eine schönere Aussicht. Neue und kinderlose Paare lebten in beengten Räumlichkeiten mit Blick auf die Statue unseres Königs. Nicht, dass sie keinen angenehmen Anblick abgäbe. Doch nichts war zu vergleichen mit der atemberaubenden Schönheit des Waldes und der Natur an sich.

Das Rascheln der Bettwäsche holte mich in die Realität zurück.

»Was machst du da?«, zischte Mark mir vom Türrahmen aus zu.

Ich drückte mich an der Halterung hoch und drehte mich zu ihm um. Er erhielt ein wortloses Schulterzucken zur Antwort. Weil ich keine Lust auf eine seiner weiteren Belehrungen hatte, schob ich mich an ihm vorbei. Trotzdem schaffte ich es nicht ohne meinen Partner hoffnungsvoll anzusehen. Wie erwartet erwiderte er meinen Blick nicht, sondern starrte aufmerksam in die Nacht hinaus, um sich zu vergewissern, dass uns niemand beobachtete.

Ich legte mich zurück ins Bett und obwohl ich mir wünschte, er würde die Tür und somit meine Verbindung zur Außenwelt offen lassen, schloss er sie. Mir war klar, dass jegliche Diskussion mit einem Verweis auf die laufende Klimaanlage enden würde. Er platzierte sich neben mich ins Bett. Augenblicklich nahm ich den Geruch seines Schweißes wahr. Er war nicht unangenehm. Nachdem er sein Gesicht gegenüber meinem auf sein Kissen gebettet hatte, drehte ich mich auf die Seite, um ihn direkt zu betrachten. Er schlug die in der Dunkelheit braunen Augen auf, um sich zu vergewissern, dass ich ruhte. Im Licht waren sie grün.

»Schlaf weiter!«, ermahnte er mich.

»Ich kann nicht«, gestand ich leise.

Jetzt drehte er sich ebenfalls auf die Seite, um mich anzusehen. Das kam so selten vor, dass es befremdlich erschien. So nahe waren wir uns nie.

Eine Strähne seiner dunkelblonden langen Haare fiel ihm in die Stirn. So wie an dem Tag, an dem er mir als Partner zugewiesen worden war. Der Tag, den ich so voller Vorfreude erwartet hatte. Mit Marks immerwährender Ablehnung hatte ich nicht gerechnet. Darauf hatte mich niemand vorbereitet. Meine Aufgabe war es möglichst schnell Kinder zu bekommen. Nun waren wir fast zwei Jahre eine Gemeinschaft. Freundinnen im gleichen Alter waren überwiegend zum zweiten Mal Mutter oder zumindest wieder schwanger. So wie es von uns erwartet wurde. Wahres Glück ist Mutterglück – dieser Leitspruch wurde uns Mädchen schon von Kind an eingetrichtert.

Doch Mark begehrte mich nicht. Wir lebten seit dem ersten Tag wie Bruder und Schwester zusammen. Ich hatte alles versucht, um ihm nahezukommen. Er wies mich jedes Mal zurück. Er sagte immer, es läge nicht an mir, sondern an ihm. Oft hatte ich darüber nachgedacht, warum er mich unattraktiv fand. Die Musterung war wissenschaftlich bewiesen eine sorgfältige Auswahl zueinander passender geschlechtsreifer Paare. Es kam vor, dass sich keine tiefe Liebe zwischen den Gemeinschaften entwickelte, doch selbst solche Gespanne schenkten einander Kinder. Die Zeit brachte die Zuneigung, so wurde es uns immer verdeutlicht.

Die Paare, die nach zwei Jahren keine Schwangerschaft vorwiesen, wurden aus der Gemeinschaft ausgemustert. Es hieß, sie bekämen andere wichtige Aufgaben zugeteilt, außerhalb der Kolonie. Ich kannte mal ein Mädchen, das an ihrem sechzehnten Geburtstag entfernt wurde. Ihre Eltern hatten mit ihren jüngeren Geschwistern neben der Wohneinheit meiner Familie gelebt. Am Tag ihrer Ausmusterung hatte sie sie zum Abschied besucht. Meine Mutter und ich kamen gerade vom Blutspenden zurück, als zwei Aufseher sie an der Tür abholten. Ihre Mutter und sie lagen sich weinend in den Armen und wurden von den Wachen zum Aufbruch gedrängt. Sie schluchzte, während die Vampire sie fortbrachten. Ich war damals so jung und verstand nicht, was los war. Die einzige Erklärung meiner Mutter war, dass Anna die Kolonie verlässt. Uns Kindern war immer eingetrichtert worden, welch bedeutsame Aufgaben auf jene warteten, die die Gemeinde verließen. Mütter und Väter, die ihren Beitrag für die Gesellschaft geleistet hatten und ihren gesamten Nachwuchs bis zur Erstmusterung großgezogen hatten, wurden ebenfalls wichtigere Pflichten außerhalb der Wohnanlage zugewiesen. Es hieß, dass sogar Tätigkeiten zu Hofe des Königs möglich wären. Im Laufe meiner Kindheit stellte ich mir oft vor eines Tages im Dienste der königlichen Familie zu stehen. Überdies nahm ich an, ein so angesehenes Level zu erreichen, das mir ermöglichte, an einem der prunkvollen Feste teilzunehmen, von denen manchmal erzählt wurde. Ich fand es aufregend und verstand nicht, weshalb die Menschen traurig auseinandergingen.

Mittlerweile war es mir klar. Meine Ausmusterung stand kurz bevor. Sie würden mich abholen und von hier fortbringen, an einen mir unbekannten Ort. Um eine niedere Aufgabe, für Loser anzutreten. Es gab nichts, worüber sich die Gemeinde mehr das Maul zerriss, als ein ausselektiertes Level Eins Paar. Die Unbefruchteten. Die zur Gemeinschaft keinen Beitrag leisteten. Wir waren für das Überleben der nahezu ausgelöschten menschlichen Spezies verantwortlich und scheiterten. Welche eine Schmach! Die Ausgemusterten kehrten nie wieder in die Kolonie zurück. Nicht einmal zu Besuch. Es gab hier keine Alten. Paaren war es gestattet, das letzte Mal in freudiger Erwartung zu sein, wenn die Mutter 20 Jahre alt war. Nach dieser Schwangerschaft, spätestens mit dem einundzwanzigsten Geburtstag wurden die Frauen sterilisiert, um sich auf die Erziehung ihrer Sprösslinge zu konzentrieren. An dem Tag, an dem das jüngste Kind vierzehn wurde, wurde die Arbeitskraft der Eltern in der Gemeinde nicht länger beansprucht. Die ältesten Paare, die uns verlassen haben, waren 35. Ich wusste nur aus den Projektionen im Unterricht, wie betagtere Menschen aussahen. Demnächst würde ich ihnen persönlich begegnen. Den vorherigen Generationen und allen, die bei ihrer Musterung fortgeschickt worden waren, weil sie als ungeeignet für die Familiengründung erachtet wurden. Nur die Unfruchtbaren standen noch eine Stufe unter mir, sofern das überhaupt möglich war. Doch davon, was in der Außenwelt vor sich ging, hatte ich keine Ahnung. Darauf bereiteten sie uns in der Schule nicht vor. Niemand aus der Gemeinschaft wusste etwas darüber. Es gab nur Gerüchte und Annahmen.

Ab und zu stellte ich mir vor, wie es wäre, nach der Ausmusterung den königlichen Palast zu sehen. Auch wenn nur ein kindlicher Hoffnungsschimmer in mir damit rechnete. Es lag auf der Hand, dass es nur Gemeindemitgliedern, die Level Fünf erreicht hatten, vorbehalten war. So wie meinen Eltern. Sie genossen das höchste Ansehen in der Kolonie, seit sie mit ihrem jüngsten Sohn das fünfte Kind zur Welt gebracht hatten. Wir waren überzeugt davon, dass sie ihren Lebensabend gebührend verbringen würden. Ich hingegen würde mein Leben lang nicht einmal in die Nähe des Palastes kommen. Immerhin war ich fast sechzehn und immer noch Level Eins. Das war für vierzehnjährige in Ordnung, selbst für Erstschwangere meines Alters. Doch mit beinahe sechzehn Level Eins zu sein, war nicht nur unwürdig, sondern fatal. Von jemanden, der aus einer Elitefamilie kam, wurde mehr erwartet. Ich war die Erstgeborene, somit lastete enormer Druck auf mir. Nicht nur meine Eltern, auch die Anführer, ja sogar die gesamte Gemeinschaft rechnete damit, dass ich die Fruchtbarkeit unserer Familie weitertrug und gleich nach der Erstmusterung ein Kind in die Welt setzte. Nachdem dies nicht geschah, wuchs dieser Zugzwang nicht nur von außen, sondern auch in mir selbst bis ins Unermessliche. Die Wahrheit war, dass ich eine Scheißangst vor dem sechzehnten Geburtstag hatte. Der Tag, an dem ich in die Ungewissheit geschickt wurde. Ich hatte mir die Zukunft anders vorgestellt. Kinderreich, glücklich mit einem Partner, der mich liebte. Nie hatte ich dies in irgendeiner Weise auf den Prüfstand gestellt. Meine Eltern lebten es mir vor. Immer hatte ich die Level Fünf Privilegien genossen, ich war ja noch ganz klein, als mein jüngster Bruder auf die Welt kam. Deshalb kannte ich es gar nicht anders, als zu einer hochangesehenen Elite-Familie zu gehören. Das war es, was ich für mich selbst erhoffte. Ich war entschlossen, etwas Großartiges zur Kolonie und für den Wiederaufbau unserer Welt beigetragen zu haben, bevor ich diesen Ort verließ. Irgendwann in 20 Jahren. Jetzt würde ich zum Fortgehen gezwungen, ohne je positiv aufgefallen zu sein. Und welche Aufgaben würden sie einem schon zuteilen, wenn man zuvor nicht einmal etwas geleistet hatte? Zumindest keine bei Hofe, so viel war klar.

Tränen sammelten sich in meinen Augen bei dem Gedanken an die Schwärze dieser ungewissen Zukunft.

»Du musst dich nicht fürchten. Es wird alles gut.« Marks Tonfall klang genervt.

Es störte ihn, dass meine Gefühle in ihm ein schlechtes Gewissen auslösten.

Ich wischte mir über die Augen und schniefte tapfer, versuchte meinen Kummer im Keim zu ersticken.

»Wir haben immer noch etwas Zeit«, lächelte ich ihm mit freundlicher Hoffnung zu.

Wenn ich an meinem Geburtstag eine Schwangerschaft vorwies, würde alles so bleiben, wie es war. Dazu war es jedoch nötig, dass er mich endlich berührte. Nicht mal einen Kuss hatte er bisher in Erwägung gezogen.

»Ich werde in diese Welt keine Kinder setzen!«, beteuerte er und drehte sich von mir weg.

Die Diskussion war damit wie immer beendet. Für abgeschnittene Worte fehlte uns jetzt aber die Zeit.

»Sie werden uns ausmustern«, flüsterte ich mit angsterfüllter Stimme.

»Gut!«

»Was soll daran gut sein?«, entgegnete ich entrüstet.

Mark seufzte verhalten. Er schien mir keine Antwort geben zu wollen. Wie immer. Es gehörte sich nicht, dem Partner zu viele Fragen zu stellen. Zu lange hatte ich mich an die Regeln gehalten. Aber wohin führte es? Ich lag besorgt und ungeliebt in meinem Bett, das ich mit einem nahezu Fremden teilte. Ein mir Unvertrauter, der mich seit wir einander zugeteilt worden waren, nie an sich herangelassen hatte.

»Mark!« Ich rüttelte ihn behutsam an der Schulter.

»Verdammt Viktoria!«,stieß er aus und fuhr herum.

Ich wich ein Stück vor ihm zurück, weil er mich genervt anfunkelte. Sein Gesicht wirkte selbst mit Bartstoppeln eher glatt und wenig einschüchternd. Hätte er sich nur ein bisschen freundlicher verhalten, wäre es mir nicht schwergefallen, mich in ihn zu verlieben. Aber scheinbar hatte ich die Pest. Er konnte mich vermutlich nicht einmal leiden.

»Was soll daran gut sein?«, wiederholte ich meine Frage.

»Sieh dich doch nur an! Tief im Innern hast du so große Angst, dass du unfähig bist dir überhaupt auch nur vorzustellen, was dich erwarten könnte. So etwas werde ich niemanden antun. Ich setze keine fünf Menschen ins Leben, die früher oder später das Gleiche durchmachen müssen. Die früher oder später selbst Angst davor haben müssen anders als der Durchschnitt zu sein, weil sie sonst durchs Raster fallen.«

»Und deshalb fällst du absichtlich durchs Raster? Und ziehst mich da mit rein?« Nie zuvor habe ich so deutlich meinem Frust ihm gegenüber ausgesprochen.

»Wir sind sowieso nicht mehr zu retten! Je früher du das merkst, umso besser!«, zischte er und stand aus dem Bett auf.

Er hatte seine Gedanken mir gegenüber ebenfalls nie zuvor so präzise formuliert. Seine Worte schürten meine ungeformten schlimmsten Befürchtungen. Wieder schossen mir die Tränen in die Augen. Bevor ich Herrin meiner Gefühle werden konnte, schlüpfte Mark in die dunkelgraue Bundfaltenhose und das Hemd seiner Uniform. Ungläubig sprang ich aus dem Bett auf, als er seine Schuhe anzog.

»Was hast du vor?«

Er drehte sich kurz zu mir um: »Leg dich einfach wieder ins Bett und schlaf! Ich bin vor dem Morgenappell zurück.«

»Was soll das heißen? Es ist Sperrstunde!«

Ungläubig starrte ich ihn an. Es war doch immer Mark, der minutiös darauf achtete, dass ich die vorgeschriebenen Zeiten beachtete und mich an Regeln hielt. Selbst wenn sie für ihn plötzlich nicht mehr zu gelten schienen. Außerdem würde er während der Sperrstunde nicht einmal die Tür aufbekommen. Der Computer war so programmiert, dass wir Menschen vor dem Morgenappell die Wohnungen nicht verlassen konnten. Wir waren jede Nacht eingeschlossen – zu unserer eigenen Sicherheit. In der Kolonie gab es eine Verbrechensquote von Null Prozent, die dieses Regelwerk befürwortete.

Da Mark mir nicht antwortete und stattdessen auf die Tür zusteuerte, versuchte ich ihn am Arm zurückzuhalten. Ich bekam nur seinen Ärmel zu fassen und er riss sich sofort ruckartig los.

»Geh wieder ins Bett und schlaf«, wies er mich barsch an.

Er hielt sein Handgelenk vor den Scanner neben der Tür. Nachdem dieser seinen unter der Haut implantierten Chip gelesen hatte, piepste das Zulassungssignal leise und die Tür schob sich automatisch auf.

Verdattert darüber, dass er den Ausgang aufbekommen hatte, beobachtete ich, wie er hinaus marschierte.

Ich haderte mit mir hinter ihm her zu stürzen. Doch dazu fehlte mir der Mut.

Mit einem sanften »wusch« glitt die Tür wieder zu und ich blieb allein in unserem Quartier zurück.

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